Let´s De-Musk Social Media!
30. Januar 2025 Kategorien: Alle | Ambient | Kampagne | Online | OOH | politische Kampagne | Social Media |


Trump bringt die amerikanische Tech-Elite auf Linie. „America First“ heißt auf der anderen Seite „Europe last“. Ein geeintes Europa ist Trump im Weg. Trump sieht Europa als „Feind“. Feinde muss man bekämpfen. Zuckerberg, Musk, Google-Chef Sundar Pichai, Jeff Bezos sind loyal und helfen ihm dabei. Das heißt aber auch: Wenn wir Geld in Meta, Google, Amazon oder TikTok stecken, handeln wir gegen die Interessen von Deutschland und Europa.
Social Media sind nicht nur in der Lage, Produkte zu verkaufen, sondern auch, Wahlen zu gewinnen. Laut ZAW macht sie mit 12,8 Milliarden Euro seit 2023 die Hälfte des Medienkuchens aus. Radio, Fernsehen, Zeitschriften etc. teilen sich die restlichen 50 %. Das meiste dieses Mediageldes geht in die USA und nach China für Werbung auf Instagram, Facebook, YouTube, Google, X sowie auf TikTok.
TikTok ist unter Kontrolle der kommunistischen Partei (und einiger, überwiegend amerikanischer Fonds). China lässt keine ausländischen Social-Media-Kanäle zu, kein YouTube, kein Instagram, nicht einmal Wikipedia. China hat sich abgeschottet und bespielt seine 1,4 Milliarden Menschen komplett autark.
In Indien ist TikTok verboten, in Amerika wurde TikTok ebenfalls verboten, nach „Vermittlung“ durch Donald Trump ist es wieder online (allerdings ohne Trump-kritische Inhalte). Auch in Europa fühlt sich TikTok seit einigen Wochen „gereinigt“ an. Spannende amerikanische Inhalte und TikToker wurden entfernt. Einige haben sich vorsorglich verabschiedet.
Auch die Deutschen wissen um die Macht von Social Media und ihren Gefahren durch Fake News. Die Bertelsmann-Stiftung hat herausgefunden, dass die Mehrheit der Deutschen Fake News als erhebliches Risiko für die Demokratie einstuft. Aber Europa lässt sich von allen Seiten bespielen und wird so zum Spielball fremder Mächte. Europa ist nicht souverän, solange es seine 450 Millionen Bürgerinnen und Bürger von Social Networks mit europafeindlicher Agenda bespielen lässt.
Auch die Bundes-AfD ist mit 529.000 Follower die stärkste Fraktion auf TikTok. Aber das ist nicht alles: Alice Weidel hat 949.000 Follower, and_news_direct hat 34.000, afd.supporter hat 29.000, afd.fraktion.nrw hat 116.000, afd_bestofclips hat 59.000. Die AfD ist mit hunderten Profilen auf TikTok, die alle aussehen, wie offizielle AfD-Profile. Es ist eine Armee und sie ist im krieg. Fällt ein Profil, weil es doch wegen menschenverachtender, rassistischer Inhalte gesperrt wird, sind noch 99 andere da, die weitermarschieren. (Siehe auch die Dokumentation Die TikTok-Armee der AfD.)
Dass extreme Parteien auf den sozialen Medien größere Reichweite bekommen, ist kein Zufall und nicht nur das Ergebnis von genialer Social-Media-Strategie der extremen Parteien. Es liegt am Algorithmus, also der Programmierung der sozialen Medien. Dahinter verbirgt sich ein politischer Wille der Eigentümer, die Gewinn schlagen aus Skandal und Hetze, weil es Betrachtende mehr in den Bann zieht und länger auf dem Medium hält. Zeit (auf einem Medium) ist Geld, denn in dieser Zeit kann Werbung eingespielt werden, die Geld einbringt. Dazu kommt dann noch gezieltes politisches Interesse, wie das von Elon Musk, der sich Trumps Agenda einer Stärkung nationaler US-Amerikanischer Interessen und einer Schwächung liberaler europäischen Interessen zu eigen gemacht hat und für die AfD in den bundesdeutschen Wahlkampf eingreift.

Warum wird mir das eigentlich angezeigt? Diese Frage stellen sich wohl alle, die in den sozialen Medien unterwegs sind. Eine aktuelle Studie von Forschenden aus Deutschland, Irland und den USA nimmt nun X/Twitter unter die Lupe und zeigt, dass der Algorithmus Inhalte bestimmter Parteien bevorzugt, während andere benachteiligt werden.
Die Wissenschaftler:innen haben untersucht, wie häufig Beiträge verschiedener deutscher Parteien im „For You“-Feed auftauchen – also in dem Bereich, der von der Plattform algorithmisch zusammengestellt wird. Wäre auf X tatsächlich uneingeschränkte Meinungsfreiheit gegeben, wie Musk es oft betont, sollten keine gravierenden Unterschiede zwischen den Parteien bestehen.
Doch die Ergebnisse zeigen das Gegenteil: Während Beiträge von SPD und Grünen 6- bis 12-mal seltener im „For You“-Feed erscheinen, werden Inhalte von BSW, CSU, AfD und FDP sowie von Die Linke und CDU 1,4- bis 4-mal häufiger angezeigt. Auf den ersten Blick mag das nicht dramatisch erscheinen, doch laut den Autor:innen summiert sich dieser Effekt bei Tausenden von Inhalten erheblich.

Auch Metas Algorithmen stärken die Ränder, weil sie Posts mit viel Interaktion bevorzugen. Das sind Posts mit extremen Inhalten. Die Plattformen lehnen jede Form der Korrektur ab, auch Meta hat sein Factchecking schon vor Trumps Inauguration eingestellt. So entstehen riesige quasi-öffentliche Räume, in denen Verschwörungstheorien und Fakenews blühen, weil niemand die Verantwortung für Inhalte trägt. Die sozialen Medien sind in der derzeitigen Form eine Gefahr für die Demokratie.
Wir alle, die wir auf Insta, Facebook oder gar X posten, füttern das Biest. Firmen, Unternehmen, öffentliche Auftraggeber, Parteien, die auf den Social-Media-Plattformen werben, geben im Grunde Geld aus, um die Demokratie und damit unsere Grundlage für unsere freie Gesellschaft und soziale Marktwirtschaft zu gefährden. Früher haben Werbeausgaben maßgeblich dazu beigetragen, journalistische Inhalte zu fördern. Werbung bezahlt etwa 2/3 eines journalistisch gut gemachten Magazins, wie den Spiegel oder Stern. Recherche kostet Arbeitszeit und Geld. Auch die Schaffung eines guten hochwertigen Umfeldes im Fernsehen kostet Geld. Heute fließen 50 % der Werbeausgaben, immerhin 12,8 Milliarden Euro, in die Taschen von Musk, Zuckerberg, Pichai von Google und anderer Tech-Milliardäre. Die Umfelder liefern wir und unsere Medien ihnen kostenlos dazu. Stern, Spiegel, Tagesschau, Tagesspiegel, Deutschlandradio werfen hart erarbeitete journalistische Inhalte auf Social Media und werden mit ein wenig Reichweite und minimaler Sichtbarkeit abgespeist. Wir werfen unsere Urlaubsfotos hinterher. So bewirkt eine Initiative für Demokratie durch ihre möglicherweise sogar bezahlte Präsenz auf amerikanischen und chinesischen Social-Media-Plattformen eigentlich eine Schwächung der Demokratie.

Was können wir tun? Wir können zuerst die Wichtigkeit des Themas verstehen. Wir müssen die Gefahr erkennen, in der sich unsere Demokratie befindet. Wir müssen die Agenda amerikanischer und chinesischer Social-Media-Plattformen erkennen und durchkreuzen. Wir können die EU auffordern, die Plattformen zu kontrollieren und verantwortlich zu machen für die Inhalte, die sie ausspielen. Wir sollten bei unseren Kunden darauf hinweisen, dass amerikanische und chinesische Plattformen bedenklich sind. Wir können nach Alternativen suchen und sie unseren Kunden empfehlen, z. B. Open Source Anwendungen wie Mastodon, Pixelfed oder das europäische TikTok Loops.video. Wir können Druck auf die Regierung aufbauen, das Thema „Europäisches Soziales Netzwerk“ anzugehen und zu fördern. Wir müssen reden. Nicht in den sozialen Medien, sondern über sie. Die Kommentarfunktion ist offen.